Titel Auto

Brauche ich ein Auto?

Vor neun Jahren habe ich meine Autoprüfung bestanden und somit gleich mein erstes Auto gekauft – einen schwarzen VW Golf 4. Mein damals schon 13 jähriger “Opa Golf” war mein Ein und Alles. Ich bin damit durch die ganze Schweiz und ins nähere Ausland gefahren, habe an Festivals darin übernachtet, viel Musik gehört, gesungen, geweint, mich gefreut und mich geärgert. Als ich mich vor ein paar Jahren immer mehr mit dem Thema Nachhaltigkeit auseinandergesetzt habe, wurde mir bewusst, dass ich nach “Opa Golf” kein weiteres Auto mehr kaufen werde. Einerseits weil es mir das Herz brechen wird und andererseits weil ich kein Auto brauche, da ich einen kurzen Arbeitsweg habe. Zudem ist in der Schweiz wirklich alles mit dem ÖV gut erreichbar.

Vor ein paar Wochen habe ich meinen Arbeitsort gewechselt. Damit kam, dass sich mein Arbeitsweg mit dem Auto von zehn auf vierzig Minuten verlängert hat. Mit dem ÖV von 15 Minuten zu zwei Stunden. Da ich mein Auto noch hatte und es auch “zu Ende fahren” wollte, war das also kein Problem. Eine Woche nachdem ich den neuen Vertrag unterschrieben habe, hat sich mein Auto dazu entschieden, nicht mehr weiterfahren zu wollen. Nach neun Jahren in meinem Besitz, musste ich “Opa Golf” mit 23 Jahren weggeben. Die Trauer war, wie vorhergesehen, gross. Zudem kam jetzt noch die Problematik, dass ich einen neuen Arbeitsort hatte, dessen Anreise mit dem ÖV eine Zumutung ist. Lange habe ich gehadert, was ich nun machen soll. Jeden Tag vier Stunden mit dem öffentlichen Verkehr fahren? Ein neues Auto kaufen? Die Stelle gleich wieder wechseln? Am Schluss blieb mir nichts anderes übrig als ein neues Auto zu kaufen. Alles in mir hat sich dagegen gesträubt und tut dies immer noch. Jeden Tag sitze ich nun zwei Mal vierzig Minuten im Auto.

Update April 2022: Mittlerweile habe ich mein Auto wider verkauft und bin mit dem öffentlichen Verkehr unterwegs.

Macy's

Das Gedankenkarussell

Ich habe mir viele Gedanken gemacht zur Frage; “Brauche ich mein Auto?”. Sofort kommt natürlich ein: Ja, weil..

… ich sonst einen zu langen Arbeitsweg habe.

… ich sonst nicht mehr grosse Einkäufe machen kann.

… ich sonst nicht mehr flexibel bin.

… ich nicht mehr zu jeder Zeit von überall weg komme.

Das sind alles Luxusprobleme. Nach mehreren Wochen des Gedankenkarussells habe ich diese Problematik in etwas Positives verwandelt. Ich brauche kein Auto weil…

… das ÖV Netz in der Schweiz super ist.

… ich den langen Arbeitsweg nutzen kann, um mir etwas Gutes zu tun, zu schreiben, ein Buch zu lesen oder Musik zu hören.

… ich etwas für die Umwelt tue.

… ich etwas für meine körperliche Gesundheit tue, in dem ich mehr zu Fuss oder mit dem Fahrrad unterwegs bin.

… ich nicht mehr gestresst im Auto sitze, wenn ich im Stau stehe und nicht vorwärts komme (Stau macht mich wahsinnig!!)

… ich so neue Strecken entdecke, die ich vorher noch nie gesehen habe.

… ich unglaublich viel Geld sparen kann.

Du siehst, es gibt viel mehr Vorteile als Nachteile.

Strasse NYC

Ein Auto ist teuer

Auf dem finanziellen Aspekt möchte ich noch etwas weiter eingehen. Ich habe ein Budget erstellt, um genau zu sehen, wie viel Geld ich monatlich für mein Auto ausgebe. Berücksichtig habe ich das Benzin, die Versicherung, die Steuern, die Parkplätze, den Service und allfällige Reparaturen. Ich bin auf einen Betrag von rund 700 CHF gekommen. Ohne hierbei den Autokauf zu berücksichtigen. Das gleiche Spiel habe ich dann mit dem ÖV gemacht. Was würde es mich kosten ein Zonen Abo um meine Heimatstadt, ein Halbtax Abo für die Schweiz und eine Reise im Monat ausserhalb der Zone zu kaufen? Tja rund 100 CHF. So viel zahle ich mit dem Auto im Monat gerade Mal für meinen Parkplatz. (Whaaaaat?) Das ist doch echt mal eine Einsicht.

Es fahren so viele Autos zur gleichen Zeit in die gleiche Richtung, nur weil wir uns diesen Luxus der Flexibilität und der Selbstständigkeit nicht nehmen lassen wollen. Klar im Zug sind mehr Menschen und es wird manchmal eng. Trotzdem sehe ich mehr Vorteile in einem vollen Zug zu sitzen anstatt im Stau zu stehen. Alternativ gibt es auch die Möglichkeit von Car Sharing. Plattformen wie Hitchhike bieten sogar die Möglichkeit, deine Route einzutragen und dann können sich andere bei dir melden, wenn sie bei dir mitfahren möchten.

Bei nachhaltigleben habe ich diesen interessanten Artikel zum Thema Carsharing gefunden: 

Auto auf Reisen

Wie sieht es mit dem Autofahren auf Reisen aus? Gerade letzten Sommer bin ich während zwei Wochen mit dem Auto durch halb Skandinavien gefahren. Es ist praktisch, du kannst das Gepäck einladen und los fahren. Und du bist immer flexibel. Hier gilt es wiederum sich zu überlegen, ob das Auto nötig ist, oder ob es zumutbare Alternativen gibt. Auf einem Städtetrip macht es sicherlich überhaupt keinen Sinn mit dem Auto anzureisen oder sich vor Ort ein Auto zu mieten. Mit dem Zug oder den öffentlichen Verkehrsmittels vor Ort, erreichst du das Zentrum und die gut besuchten Orte sowieso besser. Auf einer Reise im hohen Norden, wo es quasi keinen Anschluss an den öffentlichen Verkehr gibt, ist es sicher in Ordnung, sich ein Auto zu mieten. Die Autoindustrie hat sich in den letzten Jahren entwickelt und vor allem die neuen Autos stossen bereits viel weniger CO2 aus. Ob das E-Auto längerfristig die besser Alternative ist? Naja. Da lässt sich darüber streiten. Reist du in eine Destination, welche gut erreichbar ist mit dem Zug und in der sich auch die Fortbewegung vor Ort gut mit den öffentlichen Verkehrsmitteln bewältigen lässt, dann verzichte auf das Auto. Reise langsam vor Ort und lerne die lokale Art der Fortbewegung kennen.

Jeder, der für sich entscheidet, dass er ein Auto braucht (und es gibt bestimmt gute Gründe dafür), soll sich nicht verurteilt fühlen. Mir geht es darum mein Gedankenexperiment mit dir zu teilen und den einen oder anderen dazu zu ermutigen, das Auto nicht als “Must-Have” sondern als “Nice-To-Have” anzusehen und sich wirklich die Frage zu stellen: “Brauche ich ein Auto?”.

Update 21. April 2022

Da ich meinen Job nun gewechselt habe und mein langer Arbeitsweg nun wegfällt, habe ich mein Wort gehalten und mein Auto verkauft. Ab nun bin ich mit dem öffentlichen Verkehr und dem Fahrrad unterwegs und es fühlt sich gut an! Es ist gar kein Problem in der Schweiz auf ein Auto zu verzichten. Die Anbindungen und die Pünktlichkeit der Busse und Züge hier sind einmalig und erlauben mir, auch ohne Auto, immer an mein Ziel zu kommen. Es war die beste Entscheidung, die ich treffen konnte.

8 Kommentare

  1. Paul Baumann

    Ich habe diesen test für mich auch ähnlich gemacht. Ich kam aber zu dem Entschluss, dass ich ein Auto benötige. In diesem Zuge habe ich es auch direkt zu einer Werkstatt für Tuning von Autos gebracht. Nun fährt es sich noch optimaler.

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    • Marina

      Lieber Paul
      Klar, mir ist bewusst, dass viele Menschen wirklich auf ein Auto angewiesen sind. Da spricht ja auch nichts dagegen.
      Ich finde es gut wenn jeder und jede sich einfach mal die Gedanken dazu machen und dann abschätzt, ob es auch eine alternative Möglichkeit gibt.
      Alles Gute.
      Marina

      Antworten
  2. Laura Krone

    Ich möchte ein Auto mieten. Durch den Beitrag weiß ich auch, dass man nicht dringend auf ein Auto angewiesen ist. Wie gesagt, spart man auch einiges an Geld.

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    • Marina

      Liebe Laura
      Ganz genau! Es gibt immer wieder Situationen, in denen ein Auto praktisch ist. Es gibt dann immer die Möglichkeit, eines zu mieten oder von Freunden und Familie auszuleihen.
      Geld spart man definitv, und dazu macht man dem Planeten eine grosse Freude 🙂

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  3. Maria Mettermann

    Ich möchte mein Auto auch verkaufen, das ich es auf Dauer zu teuer finde. Da es viele Schäden hat, habe ich es aber von einer GTÜ Prüfstelle für Autos untersuchen lassen. So konnte ich den Wert des Autos herausfinden.

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    • Marina

      Toll! Es wae die beste Entscheidung, die ich treffen konnte. Mit dem ÖV unterwegs zu sein, hat so viele Vorteile. Ich wünsche dir viel Erfolg beim Verkauf deines Autos.
      Marina 🙂

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  4. Carsten Strohmeier

    Wir wollen uns demnächst ein Auto kaufen. Gut zu wissen, dass es auch Alternativen der Fortbewegung, so zum Beispiel Hitchhiking gibt. Ich werde meine Kaufentscheidung nochmal überdenken.

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    • Marina

      Lieber Carsten
      Vielen Dank für deine Rückmeldung zum Blogbeitrag.
      Je, es gibt auf jeden Fall Alternativen, die den Autokauf in Frage stellen.
      Ich wünsche dir alles Liebe.
      Marina

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