Zugreisen in Europa mit Interrail

Damaris habe ich durch eine gemeinsame Freundin kennengelernt. Sie hat ebenfalls Tourismus studiert und hat im Jahr 2021 ihren eigenen Podcast mit dem Namen “Freiheit auf Schienen” gegründet. In ihrer Sendung gibt sie dir Tipps für deine Zugreisen mit Interrail und erzählt von ihren Erfahrungen und Geschichten aus ihren Reisen. Im Februar 2022 durfte ich bei ihr Gast sein und wir haben uns über nachhaltiges Reisen unterhalten. Später haben wir uns erneut getroffen, damit ich mit ihr über Zugreisen mit Interrail sprechen kann. Et Voilà! Hier das Ergebnis.

Liebe Damaris, stell dich doch kurz vor.

Ich bin Damaris, 22 Jahre alt und bin in Thun geboren, aufgewachsen und lebe immer noch hier. Wie du, habe ich die Höhere Fachschule für Tourismus gemacht und arbeite an der Rezeption in einem Hostel in Interlaken. In meiner Freizeit bin ich gerne draussen, mache Sport, gehe wandern, fahrradfahren und spazieren. Ich habe auch eine kreative Seite, die ich gerne beim Handlettering oder beim Malen mit Wasserfarben ausübe. Ich bin gerne unterwegs und plane meine Reisen, auf denen ich neue Länder und Kulturen kennenlerne.

Wie kamst du auf die Idee, deinen eigenen Podcast aufzunehmen?

Ich wollte selber eine Reise mit Interrail antreten, konnte aber keine nützlichen Infos dazu finden. Auf der Website von Interrail gibt es zwar Infomaterial, aber es ist alles in Textform und deshalb nicht sehr ansprechend. Es gab mal im Podcast der SBB einige Folgen zum Thema Interrail, aber leider nur wenige. Ich fand das ein cooles Format und fragte mich, wieso sie damit aufgehört hatten. Genau das hätte ich in dem Moment gebraucht, eine Erklärung auf Augenhöhe. Viele Menschen hören momentan Podcasts und holen sich ihre Infos dort. Ich habe gemerkt, dadurch, dass ich mit dem Zug reise, wurden andere inspiriert auch mit dem Zug zu reisen. Also wieso nicht einen Podcast daraus machen? Während meiner Ausbildung an der TFBO habe ich viel gelernt und wollte etwas davon weitergeben. So entstand während den Semesterferien dieses Projekt.

Für wen ist “Freiheit auf Schienen” das Richtige?

Für Menschen, die das erste Mal mit Interrail reisen, gibt es viele Infos zu den Grundlagen. Zum Beispiel, was Interrail genau ist, wie Sitzplatzreservationen gemacht werden können, wie Unterkünfte gebucht werden können, etc. Wer also gerne mal eine Zugreise machen möchte und überfordert ist mit den ganzen Infos, bekommt im Podcast eine gute Übersicht. Der Podcast ist auf Schweizerdeutsch und somit für Schweizerinnen und Schweizer geeignet. Für alle, die bereits Erfahrungen mit Interrail haben, eignen sich die Interviewfolgen oder die Folgen, in denen ich Geschichten aus meinen Reisen erzähle, besser. Daraus kann sicher auch Inspiration geholt werden für das nächste Abenteuer.

Wieso reist du so gerne mit dem Zug?

Es gibt mir vor allem Zeit, an einem neuen Ort anzukommen. Ich mag es, aus dem Fenster zu schauen und zu sehen, wie sich die Landschaft verändert. Ich muss mir keine Sorgen um den Verkehr machen, ich muss mich nicht konzentrieren, ich kann mich einfach hinsetzen und die Reise geht los. Ich habe dann ein paar Stunden Zeit, einfach mal nichts zu machen. Es ist für mich eine sorgenfreie Zeit.

Was sind für dich die Vorteile von Zugreisen?

Das Coole ist, dass du mit anderen Menschen in Kontakt kommst. Gerade, wenn du alleine reist. Ich hatte in Zügen schon viele lustige und spannende Gespräche über Gott und die Welt. Diese Erfahrungen machst du nicht, wenn du alleine in einem Auto sitzt. Zugfahren schenkt dir Zeit. Und die Gefahr, dass dein Gepäck verloren geht, ist definitiv auch kleiner. 🙂

Gibt es auch Nachteile? Wenn ja, welche?

Je nach dem verlierst du klar Zeit. Es gibt einfach Orte, die du schneller mit dem Flugzeug erreichst. Auch preislich kann der Zug nicht immer mit dem Flugzeug mithalten. Auch da kommt es immer sehr auf das Reiseziel an. Die Billigfluggesellschaften haben immer noch unschlagbare Preise, die man aber auch hinterfragen sollte. Mehr auszugeben, um mit dem Zug zu reisen, sollte es einem wert sein.

Wieso Interrail? Was sind die Vorteile?

Interrail ist quasi GA (Generalabonnement in der Schweiz) für Europa. Interrail bietet Flexibilität und Freiheit. Spontanes reisen, ohne im Voraus buchen zu müssen, ist mit Interrail in den meisten Fällen möglich. Du bezahlst einfach einen fixen Preis, egal mit wie vielen Zügen du reist. Je nach Strecke, Land und Interrailpass, ist es auf jeden Fall günstiger. Es macht jedoch immer Sinn zu vergleichen mit den Preisen der individuellen Tickets, vor allem in den östlichen Ländern. Aber gerade im Norden ist Interrail meistens günstiger. Längere Strecken lohnen sich meistens eher als kurze Strecken mit Regionalzügen. Ich finde es allgemein toll, dass so viele ÖV-Unternehmen mitmachen.

Gibt es auch Nachteile bei Interrail?

Früher konnte man einfach einsteigen und losfahren. Heutzutage muss man schauen, ob es eine Sitzplatzreservation braucht, und ob das Interrail-Kontingent schon aufgebraucht ist. Die Sitzplatzreservationen kosten manchmal noch extra und so kann es teurer werden. Bei den Strecken, auf denen eine Reservierung notwendig ist, geht die Flexibilität verloren. Gerade in der Hochsaison sind die Plätze oft schon Wochen im Voraus ausgebucht.

Wie ist dein Vorgehen bei der Planung einer Zugreise mit Interrail?

Für detaillierte Infos könnt ihr natürlich meinen Podcast hören 🙂

Normalerweise gehe ich so vor: Ich weiss meistens schon, wo ich hinwill. Zumindest in welches Land oder in welche Richtung. Dann schaue ich, was für Städte auf dem Weg dorthin liegen und ob ich eine davon besuchen möchte. Natürlich spielt es auch eine Rolle, wie lange ich Zeit habe. Mit diesen Infos erstelle ich dann eine Route. Als nächstes schaue ich mir die Verbindungen an. Es gibt Strecken mit weniger guten oder nur sehr seltenen Verbindungen. Es macht Sinn, unbedingt alles abzuklären, bevor der Interrailpass gekauft wird. Sobald die Route steht, fällt die Entscheidung, welcher Pass am besten passt. Es ist ebenfalls nützlich im Voraus zu schauen, auf welchen Zügen eine Reservation notwendig ist, was diese kosten und ob es überhaupt noch freie Sitzplätze hat. Diese können dann mit dem Pass zusammen gebucht werden. Ganz am Schluss buche ich dann meine Unterkünfte und teilweise schon die Aktivitäten.

Welches waren bis jetzt die besten Destinationen, die du mit dem Zug besucht hast? 

Ljubljana hat mich begeistert. Es ist eindrücklich zu sehen, wie sie mit dem schnell wachsenden Tourismus umgehen. Die slowenische Hauptstadt ist ein kleines Städtchen. Das ganze Land ist wirklich schön und es wird in den nächsten Jahren sicher noch mehr Touristen anziehen. Also unbedingt jetzt noch hingehen. 🙂

Edinburgh gefällt mir auch gut. Die mystische Stimmung spricht mich an und der Dialekt ist auch gar nicht so schlimm. 🙂 Edinburgh eignet sich als Einsteigerroute und ist sehr gut über Paris und London erreichbar.

Vermisst du das Fliegen?

Es ist nicht so, dass ich gar nicht mehr fliege. Ich nehme einfach möglichst oft den Zug, wenn sich das Fliegen vermeiden lässt. Aber klar, wenn ich vier Tage frei habe, könnte ich natürlich mit dem Flieger ein paar Tage weg. Mit dem Zug ist das eher schwierig. Und doch ist es für mich nicht vertretbar, aus ökologischer Sicht, für wenige Tage mit dem Flieger zu verreisen. Also verzichte ich darauf. Wenn ich fliege, dann für längere Strecken und für längere Reisen. Aber das Gefühl des Fliegens vermisse ich manchmal schon. So von oben auf einen neuen Ort runterzuschauen ist schon eindrücklich. Was ich am Fliegen wiederum weniger gut finde ist, dass einem die Zeit für die Anpassung fehlt. In wenigen Stunden ist man vom tiefsten Winter an der heissen Sonne. Mit dem Zug kommt die Veränderung der Umgebung und des Klimas schleichender und ich kann damit besser umgehen.

Aber ich sage nicht, dass ich nie mehr fliegen werde. Für gewisse Länder gibt es einfach keine andere vernünftige Möglichkeit.

Was tust du auf Reisen und in deinem Alltag, um dem Thema Nachhaltigkeit gerecht zu werden?

Ich bin kein perfekt nachhaltiger Mensch. Ich habe ein Auto und fahre damit zur Arbeit.

Was ich aber geändert habe, ist, dass ich kein Fleisch mehr esse. Da war die Nachhaltigkeit nicht ausschlaggebend und doch wusste ich, dass ich so der Umwelt etwas Gutes tue.

Auf Reisen versuche ich immer, länger unterwegs zu sein und langsam zu reisen. Ich habe immer mein eigenes Besteck dabei, einfach auch, weil es praktisch ist. Das gleiche gilt für meine Trinkflasche. Ich mache mir immer Gedanken: Wie investiere ich vor Ort? Welche Souvenirs kaufe ich? Wo übernachte ich? In einer Hotelkette oder einer individuell geführten Unterkunft? Nachhaltigkeit ist nicht nur auf den Flieger zu verzichten. Es sind ökologische, ökonomische und soziale Aspekte. Die Augen offenzuhalten und Dinge zu hinterfragen macht Sinn. Dann trifft man Entscheidungen unbewusst und automatisch nachhaltiger.

Möchtest du den Leserinnen dieses Blogs noch etwas mit auf den Weg geben?

Die Haltung, im Bereich Nachhaltigkeit nicht perfekt zu sein, ist eigentlich falsch. Wie du während dem Interview im Podcast so schön gesagt hast: “Lieber haben wir 1000 nicht so perfekte Menschen als 100 perfekte.“ 

Es ist einfach wichtig, sich zu informieren, Dinge zu hinterfragen, nicht alles zu akzeptieren und nicht alles zu glauben, was erzählt und mit was geworben wird. Jeder kleine Schritt zählt.

Mittlerweile hat Damaris das Projekt Podcast beendet. Die Folgen sind aber weiterhin auf Spotify und Apple Podcast hörbar und sie beantwortet weiterhin gerne deine Fragen rund um das Zugreisen in Europa.